© S. Friedrich 2017
Der Zaun
Ich weiß es noch ganz genau, ich wohnte erst wenige Tage in meinem neuen Haus. An einem schönen
Morgen waren meine Tante und ich im Garten. Überall ist rundherum ein Zaun, überall?
Nein, nicht ganz. Da ist eine Buschreihe und hinter diesem Busch ist noch ein Garten. Ich sah
nachdenklich auf diesen Busch und dann meine Tante an und sie hatte wohl erraten, was ich dachte.
So sagte sie zu mir: “Vergiss es.” Der Busch ist eine natürliche Grenze, dahinter wohnen andere
Untertanen.
Nun ja, meine Tante ist nur ein Rotti, wahrscheinlich zu faul und zu feige, um über das Gestrüpp zu
springen, Und überhaupt, wenn es dort weitere Untertanen gibt, warum sollten die nicht auch mir
gehören. Und wenn diese Untertanen mir gehören, dann gehört mir ja auch der Garten hinter der
Buschreihe.
Ich bin Anton, ich ein Mops und ein ganzer Kerl. Ich zeige mal der Tante, was mir alles gehört. Ich
bin zwar noch nicht so groß wie die Tante, und kann daher nicht drüber springen; aber ich kann mich
klein machen und unter dem Busch durch kriechen. Auch wenn meine Tante laut bellend am Busch
hin und her lief: Ich war drüben! Einfach toll hier. Noch mehr Garten noch mehr rennen.
Meine Tante bellte immer lauter und es kam wie es kommen musste ( Die olle Petze). Mama und
mein Untertan waren plötzlich da. Sie standen am Busch und Mama rief:
“Was machst Du da drüben, kommst Du wohl her.”
Eigentlich ist meine Mama ganz lieb, aber dieses Mal konnte und wollte ich nicht hören. Warum
nur den einen Garten, wenn man doch zwei haben könnte. Dann sagte meine Mama aber zum ersten
Mal eine Satz zu meinen Untertan, den ich noch oft hören sollte: “ Los, hol den Mops.”
Ich glaube ich habe schon berichtet, die letzte Tage habe ich meine Untertan ein wenig, auch in der
Nacht, trainiert. Ich war gespannt, was nun passieren würde und beobachtete alles genau.
Da mein Untertan zu groß ist, um unter den Busch durch zu krabbeln muss er wohl irgendwie darüber
steigen. Aber dazu ist er nun mal zu klein. Er sagt nur, “na, klasse” und ging davon. In der
Zwischenzeit habe ich schon mal angefangen, meine neues Revier für die neuen Untertanen zu
markieren. Wie sollen sie sonst wissen, dass hier ein neuer Herr wohnt? Ich hörte hektisches Klingeln
aus dem Haus meiner neuen Untertanen. Kurze Zeit später kam mein Untertan zurück und berichtete
meiner Mama knapp: “Keiner da”
“Dann spring drüber und hol Anton zurück”, sagte Mama
Was dann geschah, konnte ich gar nicht so schnell beobachten. Jedenfalls murmelte mein Untertan
noch irgendwas bevor er Anlauf nahm um über den Busch zu springen. Er holte tief Luft und dann
lief er los. Ich muss feststellen, er ist schon ein wenig schneller, als in den ersten Tagen. Er lief also
los und dann sprang er.
Ob nun der Busch oder der Stein auf dem Rasen oder beides Schuld war, habe ich nie heraus
bekommen. Nach der Landung lag er auf dem Rücken und hielt sich das blutende Knie. Er rief was
von “Blödes Vieh, ich schmeiß den raus” und noch so manches mehr. Mama jedoch lachte laut, und
weil sie so schön lachte krabbelte ich zurück durch den Busch und ließ mich von ihr aufheben.
“Da ist ja mein kleiner Lumpensack” rief sie freudestrahlend und hob mich hoch in die Luft.
Mein Untertan lag noch immer auf dem Boden und hielt sich das Knie. Soviel steht fest: Ich muss
noch intensiver trainieren damit er gefahrlos drüber springen kann. Mama flüsterte irgendetwas zu
meinem Untertan und kurz danach sind sie für kurze Zeit weggefahren. Mama lachte noch immer
und sagte was von “zu dumm zum springen” und “Depp” und noch so einiges. Mein Untertan
jedoch humpelte und knurrte vor sich hin.
Als sie wieder kamen waren merkwürdigerweise beide, auch mein Untertan, sehr vergnügt. Sie haben
einige grüne Gegenstände gekauft, die ich nicht sofort erkennen konnte. Da waren einige grüne
Stangen und eine große, grüne Rolle. Da nun beide wieder im Haus waren, mein Untertan nicht
mehr humpelte und ich müde war, konnte ich beruhigt einschlafen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich geschlafen habe. Aber mein Bauch meldete, ich muss mal den
Garten besichtigen um meine Geschäfte zu erledigen.
Meine Mama und mein Untertan waren schon im Garten und mein Untertan lachte laut
“Komm nur raus Du Lump”. Also verrichtete ich meine Geschäfte und sah, dass beide sehr
dreckige Hände hatten. Und mein Untertan war noch immer vergnügt.
Als beide auf der Terrasse saßen fühlte ich mich beobachtet. Sogar die Tante grinste breit und sagte:
“Lass Dich überraschen”
Nun ja, ich spielte ein wenig mit meiner Tante. Dennoch, es war anders als sonst, Mama lachte, mein
Untertan lachte, wo er sonst fluchte, meine Tante lachte. Nun denn, ich werde schon ihre Laune,
zumindest die meines Untertanen, verderben. Ich will ihn jetzt fallen sehen. Und wie geht das ganz
einfach, das habe ich heute morgen gelernt, schnell durch den Busch und ab zum Nachbarn...
Also spielte ich zum Schein noch ein wenig mit meiner Tante, und beobachtete meine Mama und
den Untertanen. Als sie wegschauten dachte ich nur noch “Jetzt oder nie”. Ich schlug einen
Haken, rannte durch die Beine meiner Tante und ab, durch das Gebüsch.
“Auuuuuuaaaaaa”, was ist das denn, meine Nase ist gegen was gestoßen. Es tat einfach nur weh
und ich schmeckte etwas salziges, klebriges, als ich mir über die Nase leckte. Blut!!
Mein Untertan lachte laut, meine Mama rief “Oh, mein armes kleines Männlein” und meine
Tante sagte nur “ Es hat sich einiges getan, während Du geschlafen hast. Sie haben einen Zaun
gezogen”.
Erst habe ich mich noch geärgert aber später habe ich verstanden, warum dort nun ein Zaun steht.
Er soll verhindern, dass mein Untertan nicht wieder versucht drüber zu springen. Ist schon praktisch
so ein Zaun. Und wer weiß, wenn ich ihn lange genug trainiere, dann verschwindet der Zaun ja
vielleicht eines Tages.
Fortsetzung folgt...