© S. Friedrich 2017
Zeit des Abschieds...
Erst vor einer kurzen Zeit berichtete ich , wie wir uns über unseren Untertanen mit seiner “falschen
Erbsensuppe” amüsierten. Wir, das sind meine Frau Gerda (genannt Püppi), meine Kinder Babette
(Baby), mein Sohn Bonifaz (Bommel), mein Schwiegersohn Jasson, meine Tante Jill und ich,
Anton der Mops.
Heute früh, ich lag so schön am Kopf meines Untertanen gekuschelt, klingelt es an unserer Haustür.
Ich schrecke auf und lausche, aber es war nichts zu hören. Es klingelt nochmals...
In meinem Ohr klingt noch das Poltern meiner Tante, wenn sie vom Sofa aufsprang und laut bellend
zur Tür lief, wenn es klingelte...
Stattdessen ist mein Untertan heute zur Haustür aber er kam nach wenigen Minuten wieder ins Bett,
ich kuschelte mich wieder an ihn heran aber ich konnte nicht einschlafen. Die letzten drei, sehr
ereignisreichen, von Freude, Trauer und Angst geprägten Wochen gingen mir wieder durch den Kopf...
Heute vor genau drei Wochen, es war Nikolaustag, herrschte große Aufregung bei uns im Haus. Meine
Tochter Babette erwartete mit Jasson ihre ersten Babies. Da meine Tochter viel Ruhe brauchte, durften
wir nicht dabei sein. Nur meine Mama, unser Untertan und der Patenonkel Sascha, der auch bei der
Geburt meiner Kinder dabei war, durften bei ihr bleiben. Es war bereits später Abend, als wir alle
meine drei Enkelkinder Donald, Davy und Daphne besuchen durften. Sie lagen alle in der extra
aufgebauten Kiste unter wärmenden Rotlicht.
Wir freuten uns alle riesig. Da die Geburt einige Tage zu früh war, bekamen wir aber große Sorgen
um die beiden Jungs. Sie waren sehr schwach. Mama, Untertan und Sascha kümmerten sich sehr
angestrengt um die beiden, aber Donald hat es nicht geschafft, er legte Sonntag früh in den Händen
meines Untertanen sein kleines Köpfchen zur Seite und hörte auf zu Atmen. Noch bevor er wirklich
leben durfte ging er seinen Weg über die Regenbogenbrücke.
So galt unser aller Sorge dem Davy. Um es vorwegzunehmen, nach zehn Tagen hatte er endlich soviel
Kraft, dass er alleine bei seiner Mama Milch saugen kann, 10 Tage, in denen er stündlich gefüttert
wurde. Am Sonntag, ich wusste noch nichts von Donald’s Schicksal, habe ich nachmittags mit meiner
Tante draußen im Garten getobt bis uns ein kleiner Erdhügel auffiel. Wir wussten beide sofort, was
dieser Hügel bedeutet, mit hängenden Ohren und Ruten sind wir daraufhin in das Haus zurück
gekehrt, die Tante verkroch sich ins Schlafzimmer, ich berichtete meinem Rudel meine Beobachtungen.
Da Babette mit ihren Babies ein eigenes Ziemmer bekommen hatte, das wir nicht betreten dürfen
(wegen der Sauberkeit und so) wussten wir alle nicht so richtig, was wirklich los war.
Montag bekamen wir weiteren Besuch. Simone war da. Sie hatte uns bereits auf unserem Mopstreffen
im Sommer 2012 besucht und daher kannte ich sie schon. Vor lauter Freude, sie wieder zu sehen und
vor lauter Trauer um Donald ist mir gar nicht aufgefallen, dass ich die Tante nicht mehr gesehen hatte.
Das war auch nicht verwunderlich, an diesen aufregenden Tagen durften wir alle nicht stören, und
so mussten wir in unserem Mopszimmer bleiben, während die Tante, die im allgemeinen sehr viel
erhabener und ruhiger war als wir es sind, sich im ganzen Haus bewegen durfte.
Ich sollte die Tante erst am Mittwochabend wieder sehen dürfen...
Mittwoch abends holte mich mein Untertan aus unserem Mopszimmer ab und trug mich ins
Wohnzimmer. Alle waren da, die Mama, die schon erwachsenen Kinder Michi und Franzi, der Besuch
Simone und alle waren bei meiner Tante Jill. Meine Mama streichelte liebevoll die Tante aber alle
sahen ganz schön traurig aus. Erst glaubte ich, es sei etwas mit meinem Enkel Davy geschehen und
wollte meine Tante fragen, was los sei. Aber sie freute sich gar nicht, mich zu sehen. Sie hob nur kurz
ihren Kopf, ihre Rute zuckte ganz kurz, dann lag sie wieder ganz still da. Da musste ich anfangen zu
weinen. Ich sprang vor ihr herum und rief Tränen überströmt, Tante ich bin’s, ich bin Dein Anton.
Tante hörst Du mich. Ich flehte und bettelte. Aber ihre Augen starrten geradeaus. Sie war sehr dünn,
als ob sie seit Sonntag nichts mehr gefressen und getrunken hat (Anm.: hat sie auch nicht, und wenn
doch, sofort wieder ausgebrochen) So habe ich sie noch nie gesehen...
Tante, weißt Du noch, wie ich zu euch kam und wir uns auf Anhieb verstanden?
Oder wenn wir gemeinsam nachgedacht haben?
Tante, was haben wir so oft den Alten beobachtet im Garten
Und dann über ihn gelacht:
Tante, wir sind das Dream - Team...
... auch wenn wir manchmal ein recht Müdes waren...
Weißt Du noch, wie wir damals in Neumünster zur Austellung waren
und uns alle bewundert hatten?
Oder der Tag, an dem ich voller Angst glaubte, dass Du zur Bundeswehr musst
Du hast Dich um meine Kinder gekümmert:
sie gereinigt
sie bewacht
Liebe Tante, wir hatten so viel Spaß und nun erkennst du mich nicht mehr???!!!!
Es schrie alles aus mir heraus, aber ich sah nur noch in leblose Augen, die niemanden mehr
wahrgenommen haben....
Mich verließ die Kraft, ich jaulte ein letztes !Jiiiillllll” und hörte meine Mama zu meinem Untertanen
sagen, “Bring den Anton weg!”
Mein Untertan hob mich hoch, legte seine Hand über meine Augen, ich sollte mich nicht mehr weiter
quälen. Im Hundezimmer verkroch ich mich, niemand sollte mich ansprechen bis ich irgendwann
einschlief. Viele Stunden später weckte mich ein Klingeln an der Tür. Ich hörte Michi’s Stimme, dann
Mama’s und die vom Alten. Ich hörte Mama weinen und alle sprachen sehr leise, als ob sie niemanden
stören wollten. Mama sagte, “gleich ist es vorbei meine Jill, gleich hast du es hinter dir.”
Da begriff ich, sie nehmen Abschied. Das Murmeln wurde durch das Klingeln an der Tür unterbrochen,
ich höre die Stimme unseres Tierarztes. Auch wenn ich ein ganzer Mann bin, jetzt musste auch ich
laut aufheulen und begann wild zu bellen. Im Wohnzimmer schluchzten alle und jeder wünschte der
Tante was sie verdient hatte: Eine gute Reise über die Regenbogenbrücke...
Heute früh, ich lag so schön am Kopf meines Untertanen gekuschelt, es klingelt an unserer Haustür.
Ich schrecke auf und lausche, aber es war nichts zu hören. Es klingelt nochmals...
In meinem Ohr klingt noch das Poltern meiner Tante, wenn sie von Sofa aufsprang und laut bellend
an die Tür lief wenn es klingelte... Noch oft und in bestimmten Situationen nehmen wir die Tante
wahr und hören ihr freudiges oder drohendes Bellen, hören das Poltern, wenn sie die Möbel rückte
und manchmal auch ihr schnarchen, wenn es Nacht wird. Sie lebt in uns allen weiter, bei mir, bei
meiner Frau und einigen unserer Kinder zeigen sich noch heute Verhaltensmuster von denen man
sagen kann: Das kommt von der Tante...
Jill von Nessaja hat einen Platz in meinem Haus erhalten, mein Untertan muss demnächst ein eigenes
Regal für sie bauen, mal sehen, vielleicht gibt es dann wieder was für uns alle zu lachen.
Persönliche Anmerkungen meines Untertanen:
Anfang Dezember 2011 wurde bei der Jill Krebs diagnostiziert und die Lebenserwartung lag noch bei
6 Monaten bis zu einem Jahr. Bis zuletzt war sie absolut schmerzfrei. Da ich die “Nachtwache”
(stündliches füttern des kleinen Davy) in der Nacht zu Montag den 09.12.2013 übernommen hatte,
habe ich zunächst die die Veränderung an ihr nicht wahrgenommen: Sie erhob sich aus meinem Arm
und übergab sich furchtbar, so schlimm hatte ich es erst einmal vor Jahren bei ihr gesehen. Sie
blickte verschämt weg, und war ein wenig wackelig auf den Beinen. Zu diesem Zeitpunkt muss den
Hirnschlag erlitten haben. Sie hat uns nicht mehr erkannt.
Jill hatte zu unserem Anton eine ganz besonders innige Beziehung gehabt und sie hatte am Mittwoch
Abend, als wir den Anton zu ihr ließen, ein letztes Mal mit glänzenden Augen den Kopf gehoben und
gewedelt. Anton jedoch machte den Kasper vor ihr und versuchte, sie zum spielen zu animieren.
Er blieb vor ihrem Kopf stehen, die Anspannung in seinem Körper wich der Resignation, sein Gesicht
drückte Trauer aus, betont durch seinen Ringel, der sich komplett öffnete und herunter hing. Das war
der Moment als ich ihn hoch hob und ins Mopszimmer zurück brachte.
Jill ist für uns alle noch allgegenwärtig, z.B. wenn es klingelt hört man ihr bellen, wenn die Töpfe
in der Küche klappern oder der Kühlschrank geöffnet wird, spürt man ihren Atem und hört ihr
erwartungsvolles hecheln. Es war schön, das wir sie erleben und mit ihr leben durften. Mit ihr
ist auch etwas von uns über die Regenbogenbrücke gegangen
Wolfgang Friedrich
Mopszucht “of Yambo’s Angels”